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Oberster Gerichtshof: 6. Juni 2024

Hebt das Gesetz zur rechtlichen Wiederherstellung der Box 3, auch bekannt als Wiederherstellungsgesetz, die Vertragsverletzung auf, die im Box-3-Urteil des Obersten Gerichtshofs vom 24. Dezember 2021 festgestellt wurde? Der Oberste Gerichtshof entscheidet, dass dies nicht der Fall ist. Die für die niederländische Einkommensteuer in Box 3 geltenden Rechtsvorschriften verstoßen weiterhin gegen das vertragliche Diskriminierungsverbot und das Grundrecht auf Eigentum, wenn der pauschale Ertrag den tatsächlichen Ertrag übersteigt. In einer Reihe von Urteilen hat der Oberste Gerichtshof heute
weitere Regeln für die Berechnung des tatsächlichen Ertrags und die Abhilfe bei Verstößen gegen das Abkommensrecht aufgestellt. Ist dieses Urteil aber positiv für viele Deutsche die eine Ferienwohnun
in den Niederlanden haben? Leider nicht in den meisten Fällen.

Hebt das Gesetz zur rechtlichen Wiederherstellung der Box 3, auch
bekannt als Wiederherstellungsgesetz, die Vertragsverletzung auf, die im
Box-3-Urteil des Obersten Gerichtshofs vom 24. Dezember 2021 festgestellt
wurde? Der Oberste Gerichtshof entscheidet, dass dies nicht der Fall ist.
Die für die niederländische Einkommensteuer in Box 3 geltenden Rechtsvorschriften
verstoßen weiterhin gegen das vertragliche Diskriminierungsverbot und das
Grundrecht auf Eigentum, wenn der pauschale Ertrag den tatsächlichen Ertrag
übersteigt. In einer Reihe von Urteilen hat der Oberste Gerichtshof heute
weitere Regeln für die Berechnung des tatsächlichen Ertrags und die Abhilfe
bei Verstößen gegen das Abkommensrecht aufgestellt. Ist dieses Urteil aber
positiv für viele Deutsche die eine Ferienwohnun in den Niederlanden haben?
Leider nicht in den meisten Fällen. Sehe dazu
den Tekst zur tatsächliche Rendite .

Was ging dem voraus?

Die ursprüngliche Box-3-Regelung (2017)

Die ab dem 1. Januar 2017 geltende Einkommenssteuerregelung in Box 3 bedeutete, dass der Gewinn aus Ersparnissen und Investitionen auf der Grundlage einer fiktiven (pauschalen) Rendite besteuert wurde, die auf durchschnittlichen Renditen beruhte und einen fiktiven Investitionsmix voraussetzte. Dies berücksichtigte weder die tatsächliche Zusammensetzung des Vermögens des Steuerpflichtigen in Box 3 noch die Rendite, die der Steuerpflichtige tatsächlich mit diesem Vermögen erzielt hatte.

Urteil des Obersten Gerichtshofs vom 24. Dezember 2021

Am 24. Dezember 2021 entschied der Oberste Gerichtshof, dass dieses System gegen das Diskriminierungsverbot in Artikel 14 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) und gegen den Schutz des Rechts auf Eigentum in Artikel 1 des Ersten Protokolls (EP) zu dieser Konvention verstößt. Ein solcher Verstoß liegt vor, wenn die pauschale Rendite höher ist als die tatsächliche Rendite.

Der Oberste Gerichtshof hielt es für bedeutsam, dass das damalige System eine vergleichsweise hohe finanzielle Belastung an die Entscheidung knüpfte, kein riskantes Vermögen anzulegen.

Der Oberste Gerichtshof stellte ferner fest, dass das System auch zu einer relativen Ungleichbehandlung innerhalb der Gruppe der Steuerpflichtigen führte, die ihr Vermögen risikoreich anlegten, da diese Steuerpflichtigen eine fiktive Rendite zu versteuern hatten, die sich an der durchschnittlichen Rendite risikoreicher Anlagen orientierte, unabhängig davon, inwieweit sie in Wirklichkeit erfolgreich waren oder nicht.

Schließlich entschied der Oberste Gerichtshof in seinem Urteil vom 24. Dezember 2021, dass für eine solche Vertragsverletzung ein Rechtsbehelf (Entschädigung) vorgesehen werden muss. In dem Fall, um den es in diesem Urteil ging, tat der Oberste Gerichtshof dies, indem er nur den tatsächlichen Ertrag (in diesem Fall die erhaltenen Zinsen) besteuerte.

Das Gesetz zur Wiederherstellung des Rechts in Box 3 (Wiederherstellungsgesetz)

Nach dem Urteil vom 24. Dezember 2021 ist das Gesetz zur Wiederherstellung der Box 3 (Wiederherstellungsgesetz) in Kraft getreten. Mit diesem Gesetz soll die Einkommensteuerabgabe in Box 3 für die Jahre 2017 bis 2022 rückwirkend mit dem Urteil des Obersten Gerichtshofs vom 24. Dezember 2021 in Einklang gebracht werden.

Auch das Wiederherstellungsgesetz geht von einer pauschal berechneten Rendite aus, d.h. nicht von der tatsächlichen Rendite. Mit dem Wiederherstellungsgesetz wollte der Gesetzgeber eine bessere Annäherung an den tatsächlichen Ertrag erreichen als mit der ursprünglichen Regelung. So wird im Rahmen des Wiederherstellungsgesetz die Zusammensetzung des Vermögens des Steuerpflichtigen in gewissem Umfang berücksichtigt. Dazu werden die Vermögenswerte in drei Kategorien unterteilt: Bankeinlagen, sonstige Vermögenswerte und Schulden. Jede der drei Kategorien hat ihren eigenen Prozentsatz der Pauschalverzinsung. Der Prozentsatz für Bankeinlagen betrug 2017: 0,25 %. Er ist niedriger als der Prozentsatz für sonstige Vermögenswerte (2017: 5,39 %). Die Berechnung des letztgenannten Prozentsatzes entspricht der Berechnung der Pauschalverzinsung für Kapitalanlagen nach der 2017 eingeführten Regelung. Der Satz basiert auf einer fiktiven Mischung verschiedener Anlageformen und geht von durchschnittlichen Renditen für diese Anlageformen aus.

Die Konkrete Fälle

In einer Reihe von Fällen, die der Oberste Gerichtshof heute entschieden hat, stellt sich die Frage, ob das Wiederherstellungsgesetz den im Urteil des Obersten Gerichtshofs vom 24. Dezember 2021 festgestellten Vertragsverstoß beseitigt. In zwei der Fälle geht es um einen Streit über den Anteil eines Ehepaars an den Rücklagen von drei Eigentümergemeinschaften und um die Frage, ob die Pauschalverzinsung für Bankeinlagen oder andere Vermögenswerte in Bezug auf diese Anteile gilt. In einer Reihe von Fällen stellt sich die Frage, was unter "tatsächlicher Rendite" zu verstehen ist und ob die tatsächliche Rendite nach Inkrafttreten des Wiederherstellungsgesetzes noch von Bedeutung ist. Außerdem wird in einigen Fällen die Frage aufgeworfen, ob die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand auch Zinsen auf eine Einkommensteuererstattung umfassen sollte.

In den ersten beiden Rechtssachen hat Generalanwalt Wattel den Obersten Gerichtshof am 1. September 2023 beraten(Aktenzeichen 23/00653 und 23/00654(verweist auf eine andere Website)), in den anderen Rechtssachen hat Generalanwalt Pauwels den Obersten Gerichtshof am 22. Dezember 2023(Aktenzeichen 23/00771(verweist auf eine andere Website) und 23/00989(verweist auf eine andere Website)) und am 9. Februar 2024(Aktenzeichen 22/04676(verweist auf eine andere Website)) beraten.

Urteil des Obersten Gerichtshofs

Wiederherstellungsgesetz diskriminiert auch


Nach Ansicht des Obersten Gerichtshofs löst die Berechnung der Pauschalrendite nach dem Wiederherstellungsgesetz im Allgemeinen das in der Entscheidung vom 24. Dezember 2021 aufgezeigte Problem für Personen, die nicht risikoreich investieren, soweit ihr Vermögen aus Bankeinlagen besteht. Denn die Pauschalverzinsung für Bankeinlagen entspricht in der Regel annähernd der tatsächlichen Rendite.

Anders verhält es sich bei Steuerpflichtigen mit anderen Vermögenswerten, d. h. bei Personen, die ihr Vermögen risikoreich anlegen. Denn ihre pauschale Rendite wird im Rahmen des Wiederherstellungsgesetzes auf die gleiche Weise berechnet wie in der ursprünglichen Regelung. Damit bleibt das Problem, das der Oberste Gerichtshof in seinem Urteil vom 24. Dezember 2021 als Grund für die Feststellung eines Verstoßes gegen das Vertragsrecht angeführt hat, für alle Vermögenswerte außer Bankeinlagen bestehen, nämlich dass es innerhalb der Gruppe dieser Steuerpflichtigen zu einer relativen Ungleichbehandlung kommt, je nachdem, ob sie mit ihren Investitionen mehr oder weniger erfolgreich sind. Es handelt sich um eine Ungleichbehandlung, die innerhalb dieser Gruppe von Investoren in erheblichem Maße auftritt, da individuelle Abweichungen von der durchschnittlichen Rendite von Risikoinvestitionen per definitionem auftreten und zudem erheblich sein können. Somit kommt es auch bei der Neuberechnung nach dem Wiederherstellungsgesetz zu einer erheblichen Ungleichbehandlung von erfolgreichen und weniger erfolgreichen Investoren.

Diese unterschiedliche Behandlung ist nicht durch die Interessen gerechtfertigt, denen der Gesetzgeber mit der Einführung des Wiederherstellungsgesetz dienen wollte. Diese entsprechen nämlich weitgehend den Interessen, denen der Gesetzgeber mit der ursprünglichen Regelung dienen wollte, was der Oberste Gerichtshof bereits in seinem Urteil vom 24. Dezember 2021 als Rechtfertigung für unzureichend befand.

Der Oberste Gerichtshof stellte daher fest, dass das System des Wiederherstellungsgesetz auch dann gegen das Diskriminierungsverbot in Verbindung mit dem Schutz der Eigentumsrechte verstößt, wenn die pauschale Rendite höher ist als die tatsächliche Rendite. Dabei spielt es keine Rolle, wie groß die Differenz zwischen der pauschalen Rendite und der tatsächlichen Rendite ist.

Das oben Gesagte gilt auch für das Überbrückungsgesetz Box 3, das am 1. Januar 2023 in Kraft getreten ist. Dieses Gesetz folgt weitestgehend dem Wiederherstellungsgesetz, ersetzt es und soll den Zeitraum überbrücken, bis ein neues System auf der Grundlage des tatsächlichen Ertrags in Box 3 eingeführt wird.


Tatsächliche Rendite

Im Sinne der Rechtseinheit und -sicherheit hat der Oberste Gerichtshof in einer Reihe von Urteilen heute Regeln für die Berechnung des tatsächlichen Ertrags vorgegeben. Dabei hat sich der Oberste Gerichtshof so weit wie möglich an den Renditebegriff gehalten, den der Gesetzgeber bei der Ausgestaltung des Pauschalierungssystems in Box  3 im Sinn hatte.

Bei der Ermittlung der tatsächlichen Rendite ist das gesamte Vermögen des Steuerpflichtigen (d. h. einschließlich der Bankguthaben) in Box  3 einzutragen, ohne Abzug des steuerfreien Vermögens. Dies ist die nominale Rendite, d. h. ohne Berücksichtigung der Inflation. Positive oder negative Renditen in anderen Jahren bleiben unberücksichtigt. Dies steht im Einklang mit dem System der Pauschalbesteuerung in Box 3.

Die tatsächliche Rendite umfasst nicht nur Erträge aus Vermögenswerten wie Zinsen, Dividenden und Mieten, sondern auch positive und negative Veränderungen des Wertes dieser Vermögenswerte. Nicht realisierte Wertveränderungen sind ebenfalls Teil des tatsächlichen Ertrags. Um dem Pauschalsystem in Box  3 so weit wie möglich zu entsprechen, werden die Kosten nicht berücksichtigt, wohl aber die Zinsen auf Schulden, die zum Vermögen in Box  3 gehören.

Rechtsbehelf

Ein Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot der EMRK und das Eigentumsrecht des EP liegt also dann vor, wenn die pauschale Rendite die tatsächliche Rendite übersteigt. In solchen Fällen ist die Wiederherstellung der Rechte zu gewähren. In diesem Sinne hatte der Oberste Gerichtshof bereits in seinem Urteil vom 24. Dezember 2021 entschieden. Der Oberste Gerichtshof legt nun fest, dass diese Wiedereinsetzung in den vorigen Stand darin bestehen muss, dass die Steuerveranlagung so weit herabgesetzt wird, dass auf die tatsächliche Steuererklärung nur die Box-3-Steuer erhoben wird. Der Steuerpflichtige muss nachweisen, dass seine tatsächliche Steuererklärung niedriger ist als die Pauschalsteuererklärung.

Wenn die Veranlagung herabgesetzt wird, zahlen die Steuerbehörden nach niederländischem Steuerrecht keine Zinsen. Nach Ansicht des Obersten Gerichtshofs verstößt dies in der Regel nicht gegen die EMRK. Angesichts der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte besteht eine Ausnahme von dieser Regel nur in Fällen, in denen der Betrag der gesetzlichen Zinsen den Betrag der Steuerermäßigung in Feld 3 übersteigt. In anderen Fällen müssen keine Zinsen gezahlt werden, so der Oberste Gerichtshof.

Veröffentlichung auf rechtspraak.nl

22/04676 - ECLI:NL:HR:2024:704(verweist auf eine andere Website)

23/00653 - ECLI:NL:HR:2024:705(verweist auf eine andere Website)

23/00654 - ECLI:NL:HR:2024:771(verweist auf eine andere Website)

23/00771 - ECLI:NL:HR:2024:756(verweist auf eine andere Website)

23/00989 - ECLI:NL:HR:2024:813

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