bitte warten...

Zivilrechtliche Aspekte bei der Gründung einer niederländischen BV

Deutschland ist seit vielen Jahren der größte Handelspartner der Niederlande. Die Niederländer machen daher gerne Geschäfte mit Deutschen. Das bedeutet jedoch nicht, dass es sich um eine Einbahnstraße handelt. Wir beobachten zunehmend, dass deutsche Unternehmer den Schritt in die Niederlande machen.

Sobald beschlossen ist, dass der Schritt in die Niederlande gemacht wird, müssen eine Reihe von Entscheidungen getroffen werden. Die Aktivitäten in den Niederlanden können unterschiedlich gestaltet werden. So kann zum Beispiel für eine Betriebsstätte (sogenannte Zweigniederlassung) gewählt werden. Wir sehen jedoch, dass sich die deutschen Unternehmen in viele Fällen für eine BV entscheiden. Eine BV ist mit der deutschen GmbH vergleichbar.

Um eine BV oder „Besloten Vennootschap“ (Beschlossene Gesellschaf) in den Niederlanden zu gründen, müssen verschiedene Formalitäten erfüllt werden. In dieser Notiz werden wir die wichtigsten zivilrechtliche Punkte erläutern, die bei einer Neugründung einer BV zu beachten sind.

Neben den zivilrechtlichen Aspekten gibt es auch zahlreiche steuerliche Fragen und Konsequenzen. In diesem Artikel haben wir die steuerlichen Aspekte und Folgen der Gründung einer BV für Sie näher erläutert.

Die Zivilrechtliche Aspekte bei der Gründung einer BV

Bei der Gründung einer BV spielen verschiedene Themen eine wichtige Rolle. Es müssen auch eine Reihe von Entscheidungen getroffen werden. Nachstehend finden Sie eine Zusammenfassung der wichtigsten zivilrechtlichen Themen.

1.1.  BV in Gründung

Eine niederländische BV wird, genau wie die deutsche GmbH, von einem Notar gegründet. Der Notar setzt eine Gründungsurkunde auf, die in das niederländische Handelsregister eingetragen wird. Bei der Gründung hat der Notar verschiedene Formalitäten zu erfüllen. Mehr dazu weiter unten. 

Eine BV, die noch nicht förmlich gegründet wurde, kann im Prinzip bereits Handlungen vornehmen. In der Regel wird der künftige Geschäftsführer verschiedene Handlungen im Namen der noch zu gründeten Gesellschaft vornehmen, zum Beispiel das abschließen eines Mietvertrages für die Büroräume. Die betreffenden Rechtsakte müssen jedoch nach der Gründung von der BV ratifiziert werden. Dies bedeutet, dass die BV an die vor ihrer Gründung vorgenommenen Handlungen gebunden ist.

Eine BV in Gründung ist grundsätzlich verpflichtet, dies in ihren Namen aufzunehmen. Das bedeutet, dass nach dem Namen die Begriffe BV i.o. eingefügt werden, wobei i.o. für "in oprichting" (in Gründung) steht. Im heutigen Zeitalter von E-Mail und Internet kann eine BV immer schneller, manchmal innerhalb sogar von 24 Stunden, gegründet werden. Der Zusatz i.o. ist daher etwas veraltet und wird in der Praxis immer seltener gesehen. In Fällen, in denen Eile geboten ist, ist es oft praktischer, eine BV einfach schnell zu gründen und einzutragen im niederländischen Handelsregister.

Bis zum Zeitpunkt der Gründung und der Ratifizierung der bereits vorgenommenen Rechtshandlungen haftet der Geschäftsführer für die im Namen der BV in Gründung vorgenommenen Handlungen. Nach der Ratifizierung ist der Direktor im Prinzip nicht mehr haftbar.

1.2.  Gründungsurkunde

Um die BV zu gründen, setzt der Notar eine Gründungsurkunde auf. In der Gründungsurkunde werden verschiedene Angelegenheiten geregelt und festgelegt. Im Folgenden werden die wichtigsten Teile der Gründungsurkunde besprochen.

1.2.1.     Name der BV

Die neu gegründete BV muss einen Namen haben. Dieser Name kann nicht zufällig gewählt werden und muss eine Reihe von Bedingungen erfüllen. Zum Beispiel darf der Name nicht irreführend sein. Die Schreibweise des Namens eines Mitbewerbers in leicht abgewandelter Form ist zum Beispiel irreführend und nicht zulässig. Auch die Aufnahme eines bestimmten Begriffs oder Berufs in den Namen, ohne dass dieser Beruf oder diese Tätigkeit erwähnt wird, gilt als irreführend und ist nicht zulässig.

1.2.2.     Sitz (Domizil)

Der eingetragene Sitz ist der Ort in den Niederlanden, an dem das Unternehmen formell niedergelassen ist. Dieser Ort muss nicht mit dem Ort übereinstimmen, an dem die BV tatsächlich ansässig ist. In den meisten Fällen ist es jedoch der Gleiche Ort, wenn eine neue BV gegründet wird. Der Sitz muss grundsätzlich in einer Gemeinde in den Niederlanden liegen. Aus steuerlicher Sicht ist es wichtig, dass sich der Ort des tatsächlichen Betriebssitz ebenfalls in den Niederlanden befindet. Lesen Sie hier mehr über den Sitz eines Unternehmens und die internationalen steuerlichen Aspekte.

1.2.3.     Verwaltung des Unternehmens

Das neue Unternehmen muss verwaltet werden. Zu diesem Zweck muss ein Vorstand oder eine Geschäftsführung bestellt werden. Der Vorstand ist für die tägliche Verwaltung des Unternehmens zuständig.

In Deutschland muss der Vorstand eine natürliche Person sein, was verschiedene steuerliche Folgen hat. In den Niederlanden kann der Vorstand auch von einer juristischen Person, zum Beispiel einer anderen BV, geleitet werden. Aus Risikogründen (Geschäftsführerhaftung) wird häufig ein Unternehmen als Geschäftsführer gewählt. In der Gründungsurkunde wird der erste Vorstand der Gesellschaft ernannt. Sie legt auch fest, wie ein neues Vorstandsmitglied ernannt werden kann und aus wie vielen Mitgliedern der Vorstand besteht. Wie in Deutschland, muss ein Geschäftsführer im niederländischen Handelsregister oder Kvk (Kamer van Koophandel) , eingetragen sein. Anders als in Deutschland muss dies nicht von einem Notar erledigt werden. Eine Eintragung vom Notar hat aber oft den Vorteil, dass dieser die Eintragung digital macht.

1.2.4.      Höhe des Kapitals / Eigenkapitals

In der Gründungsurkunde der Gesellschaft muss das (Anfangs-)Kapital der Gesellschaft angegeben werden. Dies ist aufzuschlüsseln nach Art der Aktien und Nennkapital je Aktie.

Anders als beispielsweise die GmbH, hat die niederländische BV keine Mindestkapitalanforderungen. Theoretisch kann eine BV bereits mit 1 € Kapital gegründet werden. Da die BV jedoch ihren finanziellen Verpflichtungen nach der Gründung nachkommen muss, ist es oft wünschenswert, mit einem höheren Kapital zu gründen. Der endgültige Finanzierungsbedarf ist eng mit den Aktivitäten der BV verbunden.  In der Praxis ist ein (Start-)Kapital von 100.000 € sicherlich nicht ungewöhnlich.

Neben dem Eigenkapital können auch Darlehen zur Deckung des Finanzierungsbedarfs der BV eingesetzt werden. Dabei kann es sich z. B. um Bankkredite handeln, aber auch um Darlehen von Konzerngesellschaften (sogenannte Konzern- oder Intercompany-Darlehen). Bitte beachten Sie, dass für Gruppenkredite zusätzliche Bedingungen und Dokumentationspflichten gelten. Dies ist besonders wichtig bei grenzüberschreitenden Fällen.

Bei der Arbeit mit verschiedenen Arten von Aktien kann auch zwischen Stimmrechten und Gewinnansprüchen unterschieden werden. Im Prinzip haben alle Aktien die gleichen Gewinn- und Stimmrechte. Will man jedoch bei Gewinn- oder Stimmrecht ein Unterschied anbringen, so kann man z. B. beschließen, das Stimmrecht nur für (einen Teil) der Aktien zu gewähren.

1.2.5.      Einzahlung des Stammkapitals

Die ausgegebenen Aktien müssen voll eingezahlt sein. Dies bedeutet, dass der Wert, den die Aktien repräsentieren, an das Unternehmen gezahlt werden muss. Wenn (zum Beispiel) beschlossen wurde, ein Startkapital von €  25.000 in Form von 25.000 Aktien zu 1 € auszugeben, muss der Aktionär diese € 25.000 an die Gesellschaft zahlen, was auch als Einzahlung auf die Aktien bezeichnet wird.  

Die Einzahlung von Anteilen kann auf verschiedene Weise erfolgen. Eine der häufigsten Möglichkeiten ist die Zahlung des genannten Betrags. Bei der Gründung wird das Startkapital an den Notar überwiesen. Der Notar bestätigt bei der Gründung, dass das Kapital eingezahlt worden ist. Sobald das Unternehmen über ein eigenes Bankkonto verfügt, überweist der Notar den überwiesenen Betrag an die BV. Von diesem Zeitpunkt an ist das Kapital für die neu gegründete BV frei verfügbar.

Es ist auch möglich, die Anteile eines Unternehmens in bar zu bezahlen. Das neue Unternehmen muss dann ein Kassenbuch führen. In der Praxis ist die Einzahlung von Anteilen durch Barzahlung nur möglich, wenn das Startkapital sehr gering ist, z. B. bei der Gründung einer persönlichen Holding oder einer Verwaltungsgesellschaft.

Die letzte Möglichkeit ist die Einzahlung des Startkapitals durch die Einbringung von Waren. Dabei kann es sich um alle Arten von Waren handeln, einschließlich Maschinen, Inventar oder Anteile an einem anderen Unternehmen. In den meisten Fällen ist ein Bericht eines Wirtschaftsprüfers erforderlich, der den Wert des eingebrachten Vermögens feststellt/bestätigt. Nur in bestimmten Fällen ist ein solcher Bestätigungsvermerk nicht erforderlich.

1.2.6.     Übertragbarkeit der Anteile

Der private Charakter einer BV bedeutet, dass die Anteile an ihrem Kapital nicht frei übertragbar sind. Wenn nichts vereinbart wird, muss ein Aktionär seine Aktien nur den anderen Aktionären anbieten. Machen sie von ihrem Kaufrecht keinen Gebrauch, steht es dem betreffenden Aktionär frei, seinen Anteil an der Gesellschaft auf einen beliebigen Dritten zu übertragen.

Diese Regel kann jedoch in der Satzung weiter eingeschränkt werden. So kann beispielsweise festgelegt werden, dass die Aktien nur an eine bestimmte Gruppe von Personen oder Einrichtungen übertragen werden können, wenn einer der anderen Gesellschafter sein Recht nicht ausüben will.

1.2.7.     Hauptversammlung

Die Hauptversammlung (HV) ist ein Organ der Gesellschafter und wird oft als das wichtigste Organ der BV angesehen. Die HV trifft Entscheidungen die die BV betreffen. Zum Beispiel ernennt die HV den Vorstand. Der Vorstand ist für die tägliche Geschäftsführung der BV zuständig. Der Einfluss der HV ist daher indirekt.

Die Satzung kann weitere oder abweichende Bestimmungen über die Art der Beschlussfassung der HV enthalten. In der Regel werden die Beschlüsse mit der Mehrheit der Stimmen gefasst. Das Gesetz sieht jedoch eine Reihe von Fällen vor, in denen Beschlüsse mit einer größeren  Mehrheit der Stimmen gefasst werden müssen. Die Statuten können auch zusätzliche Regelungen enthalten, so dass Beschlüsse, die normalerweise einer normale Stimmenmehrheit bedürfen, nun mit einer größeren Mehrheit der Stimmen gefasst werden müssen.

1.2.8.     Geschäftsjahr

Das Geschäftsjahr muss in der Gründungsurkunde festgelegt werden. In den meisten Fällen wird ein Haushaltsjahr gewählt, das dem Kalenderjahr entspricht. Es sind jedoch Situationen denkbar, in denen ein anderes Haushaltsjahr wünschenswert ist. Dies muss dann in der Satzung verankert werden.

Im ersten Geschäftsjahr kann ein sogenanntes erweitertes Geschäftsjahr gewählt werden. Wenn die BV beispielsweise am 1. November 2021 gegründet wird und das Geschäftsjahr mit dem Kalenderjahr übereinstimmt, endet das erste Geschäftsjahr im Prinzip am 31. Dezember 2021. Wenn Sie sich für ein verlängertes Haushaltsjahr entscheiden, kann dieses bis zum 31. Dezember 2022 verlängert werden.

Zum Schluss: unser Deutschland Desk

In diesem Artikel haben wir die wichtigsten zivilrechtlichen Aspekte der Gründung einer BV erörtert. In bestimmten Situationen können andere oder zusätzliche Verpflichtungen gelten. Für die Gründung einer BV ist immer ein Notar erforderlich. Der Notar kann Ihnen weitere Informationen zu allen zivilrechtlichen Aspekten geben. Darüber hinaus gibt es auch viele steuerliche Fragen und Verpflichtungen. Lassen Sie sich immer von einem Fachmann beraten. Natürlich können Sie sich jederzeit an einen unserer Kollegen vom Germany Desk wenden! Klicken Sie hier für unsere Kollegen des German Desk.

Copyright Jongbloed Fiscaal Juristen N.V. Marthalaan 5 7511 AZ Enschede